Ergebnisbasiertes Modell für Sportwetten | Fussballwetten

Um Wahrscheinlichkeiten bzw. Wettquoten für Fussballwetten zu berechnen, muss man kein Mathematik-Genie sein. Die vier Grundrechnungsarten reichen vollkommen aus, um Erwartungswerte zu kalkulieren. Im folgenden Beispiel wollen wir veranschaulichen, wie man mit einfachen Methoden an die Quotenberechnung für ein beliebiges Fussballspiel herangehen könnte. Als Beispiel nehmen wir:

  • Borussia Dortmund - Schalke 04 (8. Spieltag | Bundesliga Saison 2012/2013)

Diese Begegnung wurde willkürlich gewählt. Am Ende dieses Beitrags werden die tatsächlichen Wettquoten (von MyBet, Bet365 und Tipico) mit den von uns errechneten Wettquoten verglichen.


Welche Daten werden benötigt?

Für die Berechnungen in diesem Beispiel betrachten wir die Heim- bzw. Auswärtsstatistik der beiden Mannschaften der Saisonen 2010/2011, 2011/2012 und den ersten sieben Spieltagen der Saison 2012/2013. In der Praxis würde man auf die Daten der Saison 2010/2011 wohl verzichten, da diese Resultate bereits zu weit zurückliegen. Für unser Beispiel möchten wir aber mit einem größeren Datensatz als üblich arbeiten.

  • Je länger der gewählte Betrachtungszeitraum ist, desto weniger relevant werden ältere Statistiken. So hat beispielsweise die Mannschaft von Borussia Dortmund aus der Saison 2000/2001 nichts mehr mit der aktuellen Mannschaft zu tun.

  • Je kürzer der gewählte Betrachtungszeitrum ist, desto weniger Daten hat man mit denen man arbeiten kann. Betrachtet man beispielsweise nur die letzten fünf Spiele einer Mannschaft, dann könnte es sein, dass die Gegner durchwegs Abstiegskandidaten waren, während der nächste Gegner ein Meisterschaftskandidat ist.

  • Es macht immer Sinn, dass man Heimspiele und Auswärtsspiele getrennt voneinander auswertet. Der Heimvorteil ist keineswegs nur eine Erfindung aus der Fankultur, sondern lässt sich auch mit Fakten belegen. Heimmannschaften sammeln um 41% mehr Punkte als Gastmannschaften, und erzielen um 30% mehr Tore als Auswärtsmannschaften (diese Statistik basiert auf Bundesliga Statistiken der Saisonen 2005/2006 - 2011/2012). Es ist sehr selten, dass eine Mannschaft auswärts mehr Punkte holt als im eigenen Stadion. Daher ist es erforderlich, dass die Heim- und die Auswärtsbilanzen getrennt betrachtet werden.

Im Folgenden werden zwei Varianten durchgerechnet. In Variante 1 werden die Daten "roh" übernommen. In Variante 2 werden die Daten gewichtet.



Variante 1: Ungewichtete Daten

Insgesamt konnten die Dortmunder im Betrachtungszeitraum 78,38% der Heimspiele gewinnen. 16,22% endeten ohne Sieger und in 5,41% der Spiele gewann die Gastmannschaft. Die untenstehende Tabelle 1 veranschaulicht die Heimbilanzen / Saison für Borussia Dortmund. Anmerkung: Man kann diese Daten auch benutzen, um nachzurechnen wie hoch die faire Quote für Heimspiele von Borussia Dortmund in vergangenen Saisonen gewesen wäre. Für die Saison 2011/2012 würde man rechnen: 1 / 0,8235 und würde eine Quote von 1,24 erhalten. Dies sei allerdings nur nebenbei erwähnt.

Tabelle 1: Heimstatistik Borussia Dortmund (2010/2011 - 2012/2013)
Heimbilanz BVBSpGUVTGTGewonnen %Unentschieden %Verloren %
BVB Heim 2010/2011 17 12 4 1 35 8 70,59% 23,53% 5,88%
BVB Heim 2011/2012 17 14 2 1 44 12 82,35% 11,76% 5,88%
BVB Heim 2012/2013 3 3 0 0 10 1 100% 0,00% 0,00%
Gesamt 37 29 6 2 89 21 78,38% 16,22% 5,41%


Im gleichen Zeitraum konnte Schalke 32,43% der Auswärtsspiele gewinnen. 24,32% endeten unentschieden und 43,24% der Auswärtsspiele verlor Schalke 04. In der untenstehenden Tabelle 2 sind die Saisonbilanzen von Schalke für Auswärtsspiele übersichtlich dargestellt.

Tabelle 2: Auswärtsstatistik Schalke 04 (2010/2011 - 2012/2013)
Schalke AuswärtsbilanzGUVTGTGewonnen %Unentschieden %Verloren %
Schalke Gast 2010/2011 17 4 4 9 14 26 23,53% 23,53% 52,94%
Schalke Gast 2011/2012 17 7 3 7 27 30 41,18% 17,65% 41,18%
Schalke Gast 2012/2013 3 1 2 0 6 4 33,33% 66,67% 0,00%
Gesamt 37 12 9 16 47 60 32,43% 24,32% 43,24%


Wie berechnet man aus diesen Zahlen nun Quoten für eine Fussballwette?

  1. Zuerst berechnet man, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Borussia Dortmund gewinnt.

    Dazu addiert man die Wahrscheinlichkeiten für "Dortmund gewinnt zuhause" und "Schalke verliert auswärts". Wie aus Tabelle 1 abzulesen ist, gewann Dortmund 78,38% aller Heimspiele im Betrachtungszeitraum. Schalke verlor im gleichen Zeitraum 43,24% der Auswärtsspiele (siehe Tabelle 2). Gerundet ergeben sich Werte von 0,784 und 0,432.

  2. Die Summe dieser beiden Werte wird durch 2 geteilt. Dies ergibt 0,608, bzw. eine Wahrscheinlichkeit von 60,8% für einen Dortmunder Heimsieg.

  3. Eine Wahrscheinlichkeit von 60,8% bedeutet, dass die faire Quote für den Dortmunder Heimsieg 1,644 beträgt. Die Quote errechnet man, indem man 1 : 0,608 rechnet.

  4. Für die Berechnung der Unentschieden-Quote bzw. Auswärts-Quote wiederholt man die Punkte 1 - 3 mit den entsprechenden Daten

Schlussendlich erhält man faire Quoten (ohne Wettanbieter-Gewinnspanne) von 1,644 für den Dortmunder Heimsieg, 4,933 für das Unentschieden und 5,286 für den Schalker Auswärtssieg. In Tabelle 3 ist der Rechengang übersichtlich dargestellt

Tabelle 3: Ermittelte Wettquoten für Dortmund - Schalke (ungewichtete Variante)
Wettquoten: ungewichtete Berechnung
 a  Dortmund gewinnt 0,784 Unentschieden Dortmund 0,162 Schalke gewinnt 0,324
 b  Schalke verliert 0,432 Unentschieden Schalke 0,243 Dortmund verliert 0,054
(a + b) / 2 0,608 (a + b) / 2 0,203 (a + b) / 2 0,189
Quote 1 1,644 Quote X 4,933 Quote 2 5,286


Wie kann überprüft werden, ob der Rechengang richtig war? Es gibt nur drei mögliche Ausgänge für ein Fussballspiel: Heimsieg, Unentschieden oder Auswärtssieg. Die Summe der einzelnen Wahrscheinlichkeiten muss also 100% ergeben. Addiert man die errechneten Wahrscheinlichkeiten (0,608 + 0,203 + 0,189), dann erhält man genau 1 (bzw. 100%). Die Rechnung ist also richtig.

Sind die errechneten Quoten bzw. Wahrscheinlichkeiten exakt? Vermutlich nicht. In diesem Beispiel wurden keine Gewichtungen vorgenommen. Dies vermindert die Qualität der Prognose. Es ist anzunehmen, dass die Heimresultate von Borussia Dortmund in der Saison 2011/2012 relevanter sind, als jene in der Saison 2010/2011; dies sollte in der Berechnung eigentlich berücksichtigt werden.

Das Beispiel sollte lediglich einen Weg aufzeigen wie man zu einer eigenen Quotenberechnung gelangen könnte. Ein Blick auf tatsächliche Quoten zeigt, dass der Wettanbieter MyBet für dieses Spiel folgende Quoten anbietet:
1,70 - 3,80 - 5,00
In der nächsten Variante werden Gewichtungen eingebaut. Dies sollte die Exaktheit der Quoten verbessern.


Variante 2: Gewichtete Daten

Die Daten der Saison 2010/2011 sind für eine Quotenberechnung für ein Spiel in der Saison 2012/2013 am wenigsten relevant. Wir gewichten sie daher mit nur 20%. Die Saison 2011/2012 gewichten wir mit 30%, und die bisherigen Spiele der Saison 2012/2013 werden mit 50% gewichtet.

Diese Verteilung ist willkürlich gewählt und man kann natürlich darüber diskutieren, ob man die Ergebnisse der Saison 2010/2011 nicht komplett außer Acht lassen sollte. Ebenso könnte man darüber diskutieren, ob drei Heim- bzw. Auswärtsspiele der aktuellen Saison eine höhere Gewichtung haben sollten, als die Heim- bzw. Auswärtsbilanzen von den komplett gespielten Saisonen zuvor. Im aktuellen Fall möchten wir aber zeigen, dass Gewichtungen einen erheblichen Einfluss auf die vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten (Quoten) haben können. Deswegen nehmen wir den gleichen Datensatz wie in der ersten Variante.

  • 2010/2011: 20%
  • 2011/2012: 30%
  • 2012/2013: 50%

Um die Gewichtungen einzubeziehen, muss man die Daten für jede Saison mit dem jeweiligen Gewichtungswert (20%, 30%, 50%) multiplizieren. Exemplarisch - und zum besseren Verständnis - sei dies für "Borussia Dortmund gewinnt" detailliert durchgerechnet (siehe Tabelle 4). Die Wahrscheinlichkeiten für "Unentschieden" bzw. "Schalke gewinnt" werden nach der gleichen Methode errechnet.

Tabelle 4: Gewichtete Berechnung für: "Borussia Dortmund gewinnt"
Gewichtete Berechnung: Borussia Dortmund gewinnt
2010/2011 (20%) BVB gewinnt Heimspiel 0,706 * 0,2 0,141
2011/2012 (30%) BVB gewinnt Heimspiel 0,824 * 0.3 0,247
2012/2013 (50%) BVB gewinnt Heimspiel 1,000 * 0,5 0,500
Zwischensumme 0,888
2010/2011 (20%) Schalke verliert Auswärtsspiel 0,529 * 0,2 0,106
2011/2012 (30%) Schalke verliert Auswärtsspiel 0,412 * 0,3 0,124
2012/2013 (50%) Schalke verliert Auswärtsspiel 0,000 * 0,5 0,000
Zwischensumme 0,229
Gesamt (0,888 + 0,229) / 2 0,559


Hat man alle Gewichtungen durchgerechnet, dann kann man die Werte in - die bereits zuvor verwendete - Tabelle 3 eintragen. In Tabelle 5 zeigt sich, dass die höhere Gewichtung der jüngsten Ergebnisse zu einer Veränderung der Wahrscheinlichkeiten geführt hat. Unsere Siegquote für Dortmund hat sich von 1,644 auf 1,789 erhöht. Die Unentschieden-Quote ist von 4,933 auf 3,878 gesunken, was vor allem auf die besseren Auswärtsergebnisse von Schalke in den Saisonen 2011/2012 und 2012/2013 zurückzuführen ist. Der Auswärtssieg von Schalke ist trotzdem etwas unwahrscheinlicher geworden; von 5,286 auf 5,455.

Tabelle 5: Ermittelte Wettquoten für Dortmund - Schalke (gewichtete Variante)
Wettquoten: gewichtete Berechnung
 a  Dortmund gewinnt 0,888 Unentschieden Dortmund 0,082 Schalke gewinnt 0,337
 b  Schalke verliert 0,229 Unentschieden Schalke 0,433 Dortmund verliert 0,029
(a + b) / 2 0,559 (a + b) / 2 0,258 (a + b) / 2 0,183
Quote 1 1,789 Quote X 3,878 Quote 2 5,455

Nun muss wieder getestet werden ob die Rechnung korrekt ist, indem die einzelnen Wahrscheinlichkeiten (Heimsieg, Unentschieden, Auswärtssieg) addiert werden. 0,559 + 0,258 + 0,183 ergibt 1, was einer Gesamtwahrscheinlichkeit von 100% entspricht.



Vergleich mit tatsächlichen Wettanbieter Wettquoten

Wie gut ist die modifizierte Quotenschätzung im Vergleich mit tatsächlichen Wettquoten für das Spiel Borussia Dortmund - Schalke, vom 8. Spieltag der Bundesliga Saison 2012/2013? Tabelle 6 zeigt die Quoten aus der ersten und der zweiten Variante, im Vergleich mit den Wettquoten der Wettanbieter MyBet, Bet365 und Tipico Sportwetten.

Bereits auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die modifizierte Version näher an den tatsächlich angebotenen Wettquoten liegt. 1:1 lassen sich die "Wettstern Quoten" aber nicht mit denen der Wettanbieter vergleichen. In den Wettstern Quoten ist schließlich keine Gewinnmarge eingerechnet (die Auszahlungsquote wäre 100%), während Wettanbieter mit einer geringeren Auszahlungsquote arbeiten müssen, um eine (theoretische) Gewinnspanne zu erzielen. Aus den Wettquoten von MyBet, Bet365 und Tipico lässt sich leicht die theoretische Auszahlungsquote errechnen (wer mit der Berechnung nicht vertraut ist, kann im Wettlexikon unter "Quotenschlüssel" nachschlagen).

Tabelle 6: "Wettstern" Quoten vs. Wettanbieter Quoten (mit Gewinnspanne)
ungewichtet gewichtet MyBet Bet365 Tipico
Tipp 1 (Dortmund) 1,64 1,79 1,70 1,66 1,65
Unentschieden 4,93 3,88 3,80 3,75 3,80
Tipp 2 (Schalke) 5,29 5,46 5,00 5,00 5,50
Auszahlungsquote 100% 100% 95,1% 93,5% 95,1%

Um unsere errechneten Quoten mit jenen der Buchmacher vergleichbar zu machen, haben wir die Gewinnspanne aus den Wettanbieter-Quoten herausgerechnet, und an eine Auszahlungsquote von 100% angepasst. Die gewinnbereinigten Wettanbieter Quoten können in der untenstehenden Tabelle 7 abgelesen werden.

                                                                                                                                                                                                                                   
Tabelle 7: "Wettstern" Quoten vs. Wettanbieter Quoten (ohne Gewinnspanne)
ungewichtetgewichtetMyBetBet365Tipico
Tipp 1 (Dortmund)1,641,791,791,771,73
Unentschieden4,933,884,004,013,99
Tipp 2 (Schalke)5,295,465,265,355,78
Auszahlungsquote100%100%100%100% 100%

Es zeigt sich, dass unsere Berechnung erstaunlich nahe an den fairen Buchmacherquoten für das Spiel liegt. Vergleicht man die fairen Buchmacherquoten (Tabelle 7) mit den tatsächlichen Buchmacherquoten (Tabelle 6), dann wird aber deutlich wie sich die Gewinnspanne der Wettanbieter auf die Marktquoten auswirkt. Bei MyBet wird zum Beispiel aus 1,79 → 1,70, aus 4,00 → 3,80 und aus 5,26 → 5,00. Aus Sicht der Sportwetten Kunden ist dies natürlich ein gravierender Nachteil.

Wir wissen an dieser Stelle natürlich nicht, ob unsere Vorhersagemodell jenem der "echten Buchmacher" überlegen ist. Wir konnten aber zeigen, dass es mit sehr einfachen Mitteln möglich ist, Basisquoten (Ausgangsquoten) für Fussballwetten zu errechnen. Falls wir annehmen, dass die "Wettstern-Quoten" genauer berechnet sind als jene von von MyBet, Bet365 und Tipico, dann dürfte man für dieses Spiel bei keinem der Wettanbieter eine Wette abgeben. Warum nicht?

Wir haben errechnet, dass Borussia Dortmund mit einer Wahrscheinlichkeit von 55,9% (1 : 1,79) das Spiel gewinnt. Die beste Quote die wir erhalten (1,70 bei MyBet) basiert aber auf einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 58,8%. Der Preis den wir bei dieser Wette zahlen würden, wäre ganz einfach zu hoch. Anders gesagt: Keine der tatsächlich angebotenen Wettquoten wäre "Value" (siehe Beitrag: Value bei Sportwetten).


Weiterführende Artikel
Sportwetten Mathematik: Grundlagen
Poisson Verteilung: Teil 1 – Saisonwetten
Poisson Verteilung: Teil 2 – Fussballwetten

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